Als erste Schulgemeinde im Kanton will Kreuzlingen den Religionsunterricht für muslimische Kinder ins Schulhaus holen. Das dreijährige Pilotprojekt soll im Sommer starten.

Martin Bänziger

Kreuzlingen – Kreuzlingens Schulpräsident Jürg Schenkel ist bereit, als erste Schulgemeinde im Kanton das Projekt eines islamischen Religionsunterrichts an der Primarschule zu starten. Der freiwillige Unterricht für muslimische Kinder soll vorerst in der vierten Klasse in zwei Primarschulzentren beginnen und dann auf die fünfte und sechste Klasse ausgeweitet werden. Die Primarschulbehörde wird Mitte Januar entscheiden, ob das Pilotprojekt realisiert wird. Die Schulgemeinde stellt dabei nur die Klassenzimmer zur Verfügung, ein finanzieller Beitrag ist nicht vorgesehen. Das Thema des islamischen Religionsunterrichts im Klassenzimmer habe man schon vor zwei Jahren diskutiert, sagt Schenkel. Die Anti-Minarett-Abstimmung habe das Projekt weder beschleunigt noch gebremst. Von den 1900 Kreuzlinger Primar- und Sekundarschülern sind 31,3 Prozent katholisch, 23,9 Prozent evangelisch und 26,9 Prozent muslimisch. Was die Nationalität betrifft, stünden die mazedonischen Schulkinder zahlenmässig an erster Stelle, gefolgt von türkischen und kosovarischen Kindern, dann folgen die bosnischen und albanischen Kinder. Fasse man die vierte, fünfte und sechste Primarklasse zusammen, könnten rund 100 muslimische Kinder den islamischen Religionsunterricht besuchen, erklärt Schenkel. Die Impulse für das dreijährige Pilotprojekt gingen 2007 vom «Runden Tisch der Religionen» aus. Mit dabei war auch Matthias Loretan, Gemeindeleiter und Diakon der Pfarrei St. Ulrich. Loretan hat das Projekt mit Susanne Dschulnigg, Vizepräsiden-tin der evangelischen Kirchenvorsteherschaft, mit Judith Borer, Dozentin an der Pädagogischen Hochschule, und mit Rehan Neziri, Imam der islamisch-albanischen Gemeinschaft Kreuzlingen, entwickelt. Loretan ist überzeugt, die Integration der islamischen Gemeinschaften werde entscheidend erleichtert, wenn dem islamischen Glauben von christlicher Seite die nötige Anerkennung zuteil werde. Der interreligiöse Dialog müsse mit denen verstärkt werden, die zur Zusammenarbeit auch bereit seien.

 

Unterricht in Deutsch

Imam Rehan Neziri betont, dass für den islamischen Religionsunterricht drei Kriterien gälten. So sei die Unterrichtssprache Deutsch, die Lernziele seien klar festgelegt, und die Lehrperson müsse pädagogisch und fachlich ausgewiesen sein. Er selbst werde auch als Lehrer tätig sein, und wenn in seinem Unterricht das Christentum behandelt werde, sei ein Diakon oder Pfarrer der Lehrer. Zudem werde der Unterricht gemeinsam für Mädchen und Knaben durchgeführt.

 

Die Kosten

Der islamische Religionsunterricht werde von drei Stellen finanziert, nämlich von den muslimischen Eltern, den islamischen Gemeinschaften sowie von öffentlichen und privaten Einrichtungen. Die Mitglieder des «Runden Tisches» seien bei der Sammlung des dritten Teils behilflich. Der Imam rechnet im ersten Jahr mit Kosten von 6100 Franken, im dritten Jahr mit Auslagen von 18'300 Franken.

 

Quelle: TZ, 13. Dezember 2009