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Kategorie: Aus der Presse

Der Thurgauer Grosse Rat lehnt eine Motion klar ab, die den Religionsunterricht in öffentlichen Schulräumen auf anerkannte Landeskirchen beschränken will. Der Kreuzlinger Islamunterricht, der bisher einzige derartige Fall, kann weitergeführt werden.

THOMAS WUNDERLIN

 

WEINFELDEN. Seit 2010 organisiert in Kreuzlingen ein Trägerverein islamischen Religionsunterricht für Secondos aus der Türkei und dem Balkan. Die Primarschule stellt dafür die Räume zur Verfügung – und darf es weiterhin tun. EDU-Parlamentarier Daniel Wittwer wollte mit einer Motion Schulräume für landeskirchlichen Religionsunterricht reservieren. Der Thurgauer Grosse Rat verwarf den Vorstoss gestern jedoch deutlich mit 87 Nein zu 25 Ja.

Man müsse dringend anschauen, was für Werte in Schulstuben vermittelt würden, hatte Wittwer gefordert. «Religionsunterricht darf unserer Rechtsordnung nicht widersprechen.»

 

Von SVP unterstützt

Nebst seiner eigenen Partei unterstützte ihn nur eine SVP-Mehrheit. Die Probleme seien ernst zu nehmen, die aus der Einwanderung von Angehörigen verschiedener Religionen entstehen, sagte Hans-Peter Wägeli (SVP)

Der Regierungsrat hatte sich in seiner Motionsantwort gegen einen Eingriff in die Schulautonomie gewehrt. Dafür erhielt er viel Lob. Über die Wünschbarkeit des islamischen Religionsunterrichts in Schulräumen hatte er sich ausgeschwiegen. Das wurde in der Debatte nachgeholt. «Grundsätzlich ist es wünschenswert, dass Religionsunterricht nicht im Untergrund stattfindet», so Cäcilia Bosshard (CVP). «Es gibt heute viele schweizerische Moslems», sagte Walter Schönholzer (FDP). «Wieso sollen sie ihren Glauben in ihrem Heimatland nicht unterrichten dürfen?» Mit Blick auf die verfassungsmässig garantierte Glaubensfreiheit sei die Motion «absurd und verachtend», hielt Sonja Wiesmann von der SP fest.

 

«Sonst kriegen sie Schläge»

Helen Jordi (EDU) brachte die grundsätzliche Kritik an der islamischen Lehre vor. Frauen müssten sich unterordnen, «sonst kriegen sie Schläge». Wenn ein solcher Glaube für seine Angehörigen zum Gesetz werde, dürfe er nicht in den Schulräumen unterrichtet werden.

 

Religion als Vorwand

Sie sei eine Muslima, die nicht unterdrückt und geschlagen werde, sagte Aliye Gül (SP). «Es gibt viele wie mich.» Wenn Frauen unterdrückt würden, dann wollten Männer Macht über Frauen haben. Das gebe es auch in andern Religionen. «Mit Diskriminierung erzeugt man Frust und Radikalisierung», sagte Urs-Peter Beerli (EVP). Die EVP, die mit der EDU eine Fraktionsgemeinschaft bildet, lehnte die Motion ab.

 

Quelle: TZ, 13. Februar 2014